Was haben die Rosen? Was haben die Kakteen?
Da muss es doch einen Unterschied geben? Im deutschen Sprachgebrauch werden die Begriffe Dornen und Stacheln meist falsch eingesetzt. Eine Erklärung gibt es, wenn man sich aus botanischer Sicht diesen beiden Begriffen nähert.
Stachel: Ein Stachel ist bei Pflanzen ein zugespitzter Vorsprung an der Sprossachse oder am Blatt. Stacheln können im Gegensatz zu Dornen relativ leicht von der Pflanze abgestreift werden.
Dorn: Ein Dorn ist ein stechendes Gebilde an einer Pflanze, das an der Stelle eines Organs sitzt. Die botanische Definition von Stachel und Dorn widerspricht teilweise dem allgemeinen Sprachgebrauch, besitzt doch die Rose botanisch Stacheln anstatt der sprichwörtlichen Dornen, und die Dornen der Kakteengewächse werden außerhalb der Fachsprache meist als Stacheln bezeichnet.
Beispiele für DORNEN
Beispiele für Pflanzen mit Stacheln:
Rosen, Himbeeren, Kapokbaum (Chorisie, Florettseidenbaum, Palo borracho:betrunkener Baum), Brombeere, Frucht der Rosskastanie, der Edel- oder Esskastanie (Marone)
Beispiele für Stacheln
Dornen: Ein Dorn ist ein stechendes Gebilde an einer Pflanze, das an der Stelle eines Organs sitzt. Dies unterscheidet sie von den ähnlichen Stacheln, die jedoch nur von Epidermis (bei den Wirbeltieren ist dies die Oberhaut, bei Pflanzen das Absschussgewebe) und Rindengewebe gebildet werden. Als Emergenzen bezeichnet man in der Botanik vielzellige Auswüchse an Organen, an deren Bildung auch Gewebe unterhalb der Epidermis beteiligt ist.
Dornen, Dornen, Dornen
Die Stacheln können daher im Gegensatz zu Dornen nicht ohne Verletzung der Pflanze entfernt werden. Den Rosenstachel aber kann man seitlich „abbrechen“, ohne dass dabei der Ast beschädigt wird. Dornen dienen der Abwehr von Herbivoren (lateinisch: herba=Kraut, vorare=verschlingen, also Pflanzenfresser).
Kakteen-Dornen
Opuntien
Die aztekische Bezeichnung für den Feigenkaktus war Nopalli. So entstand die spanische Bezeichnung Nopal, die – kombiniert mit dem lateinischen Wort für „stechen“ = pungere – zum lateinischen Gattungsnamen Opuntia wurde. Opuntien, von denen es knapp 50 mehr oder weniger dornige Arten gibt, nennt man bei uns – sehr anschaulich – Scheibenkakteen. Jede Opuntie ist aus wenigen bis sehr vielen runden bis ovalen, stets fleischigen und grünen Scheiben, also Nopales oder wissenschaftlich: Kladodien, aufgebaut. Opuntia ficus indica ist die Art mit den schmackhaftesten und appetitlichsten Früchten, den „westindischen Feigen“, die in mancher Hinsicht an unsere mediterranen Feigen erinnern.
Planzen mit Dornen
Viele Pflanzen reduzieren in der Trockenheit ihre Oberfläche, werfen beispielweise Blätter ab und verdunsten dadurch weniger. Die bedornten, fleischigen Scheiben der Opuntien sind keine Blätter sondern wasserspeichernde (= sukkulente) Sprosse. Sie betreiben aber Photosynthese und übernehmen damit die Funktion von Blättern und gleichzeitig die der Äste und des Stamms. Die Dornen hingegen sind die umgewandelten Blätter der Kakteen und betreiben keine Photosynthese. Die Sprosse von Kakteen nutzen Wasser wesentlich effektiver als Blätter. Obendrein haben Kakteen eine spezielle Methode entwickelt um bei Tageshitze keine Luft zu benötigen, quasi den Atem anzuhalten bis es wieder kühler oder sogar nebelig wird. Sie betreiben ihren Gasaustausch nur nachts.
Eine weitere Besonderheit der Opuntien ist, dass jeder Spross und auch junge Früchte, und sogar die Kaktusfeigenblüten Wurzeln bilden und anwachsen können und das auch ohne Regen. Ist die Dürre dann erst einmal vorbei, sind die Wurzeln schon bereit und können sofort den vielleicht nur spärlichen Regen aufnehmen. Der Spross saugt sich voll, wird wieder prall und kann neue Sprosse bilden.
Kaktusfeigen sind die saftig, süßen Beerenfrüchte des Feigenkaktus, deren weiches Fruchtfleisch leuchtend gelb, orange oder rot gefärbt ist und essbare Samen einschließt (Bild links). Der Wohlgeschmack, das Aussehen und das Mundgefühl erinnern an Essfeigen (Ficus carica). Erstaunlicher Weise sind aber Kaktusfeigen noch saftiger als ihre Namensvetter und sie sind die besseren Durstlöscher. In Mexiko und den USA werden gepresste Kaktusfeigen inzwischen erfolgreich als vitalisierendes Getränk, das Kaktuswasser, verkauft.
Die Venusgfliegenfalle hat an der Innenseite 3-9 Dornen, die bei Berührung den Zuklappmechanismus auslösen und das Insekt sitzt fest ohne entkommen zu können in der Falle. Eine bereits tote Fliege oder Insekt würde von der Venusfliegenfale ignoriert werden. Erst wenn die 3 Dornen (manche Fallen haben bis zu 9 Dornen, Borsten oder auch Fühlhaare genannt) nacheinander berührt werden, sagt dies der „Falle“, dass die Fliege leben muss, da sie sich ja im Inneren der Falle bewegt hat. Eine geniale Einrichtung.Aber auch kleine Schnecken werden von der Venusfliegenfalle verspeist. Ganz anders „arbeitet“ die fleischfressende Kannenpflanze Nepenthes. Das Insekt wird durch den duft angelockt, krabblet an den Rand und an den die Pflanze vor Regen schützenden Deckel. Fällt nun ein Regentropfen auf den Deckel wird das Insekt, welches gerade auf der Unterseite des Deckels sitzt wie „von Zauberhand“ in die Kannenpflanze geschnipst. Unten im Pool, also am Grund der Pflanze befindet sich ein kleiner See, welcher mit saurer (PH-Wert 3,5) Verdauungsflüssigkeit angereichert ist. Hier kann gelegentlich das Insekt – meist Ameisen – innerhalb von 2 Tagen verdaut sein.
Wespen-Stachel
Es gibt aber auch Ausnahmen. In der Fauna (Tierwelt) heißen Stacheln im Gegensatz zur Flora (Pflanzenwelt) Stacheln, auch wenn sie nicht ohne Beschädigung des Tieres entfernt werden können. Als Beispiel nenne ich hier den Wespen-Stachel.