Rückenschmerzen werden heute als Syndrom, also als Zusammenspiel verschiedener Symptome betrachtet, die auf unterschiedliche Ursachen oder Krankheitsbilder hinweisen können. Einige typische Beschwerdebilder weisen auf eine akute und eventuell gefährliche Grunderkrankung hin. Andere sind Vorzeichen, die einen komplizierten Verlauf der Rückenschmerzen wahrschein machen.
Auch wenn bei den meisten Patienten mit unkomplizierten Rückenschmerzen die Beschwerden innerhalb der ersten vier Wochen deutlich nachlassen, ist es wichtig, dass Ihr Arzt anhand von wenigen typischen Symptomen schnell und sicher Erkrankungen ausschließen kann, die eine wirkliche Gesundheitsgefährdung darstellen. Solche akuten Erkrankungen sind eher selten, bedürfen aber einer zielgerichteten Soforttherapie. Ein Verkennen wäre also fatal. Bei der Einschätzung der Symptome von Rückenschmerzen nach ihrer Dringlichkeit, hat sich das sogenannte „Flaggen Prinzip“ bewährt.
Gesundheit ist nicht alles,
aber ohne Gesundheit ist alles nichts
Rote Flaggen (red flags)
- Alter < 20 oder > 55
- Kürzliches schwereres Trauma
- Konstanter, zunehmender, nicht mechanischer Schmerz
- Thoraxschmerz
- Osteoporose
- Längerdauernde Einnahme von Kortison
- Immunsuppression, Drogenmissbrauch, AIDS
- Fieber, schlechter Allgemeinzustand
- Anamnese einer Tumorerkrankung
- Ungewollter Gewichtsverlust
- Verlust der Fähigkeit, sich weit nach vorne zu beugen
- Neurologische Grunderkrankung
- Anomalien im Körperbau
Liegen „Rote Flaggen“ vor, können die Rückenschmerzen auf Knochenbrüche, Tumoren, Infektionen, Quetschungen des Rückenmarks oder (selten) sogar auf einen Herzinfarkt hinweisen.
Gelbe Flaggen (yellow flags)
- anhaltende und wiederkehrende Beschwerden
- starke radikuläre Schmerzen (eingeklemmte Nerven)
- Arbeitsunfähigkeit für mehr als 4 bis 6 Wochen
- Thoraxschmerz
- psychosoziale Faktoren wie berufliche Unzufriedenheit, anhaltende Belastungen im Alltag, starkes Schmerzerleben
Die psychosozialen Faktoren sind für die Prognose oft aussagekräftiger als radiologische oder sonstige körperliche Befunde. Gelegentlich werden Sie feststellen, dass die Erfassung psychosozialer Risikofaktoren um die Flaggenfarben blau und schwarz erweitert wird. Dabei steht gelb für individuelle Faktoren, blau für das berufliche Umfeld und schwarz für das Sozialsystem.
Begünstigende Faktoren
Gerade bei Rückenschmerzen lassen sich Symptome und Schmerz begünstigende Faktoren nicht immer klar trennen. Der Übergang kann fließend sein. Gerade auch die als „Gelbe Flaggen“ bezeichneten psychosozialen Faktoren sind für sich genommen keine Symptome im eigentlichen Sinne, sondern eben auch Risikofaktoren, die das Entstehen von Rückenschmerzen begünstigen können. Andere, nicht psychosoziale Risikofaktoren sind Ihr Alter, Ihr Geschlecht, der aufrechte Gang, Ihre berufliche Tätigkeit, Ihr Freizeitverhalten oder andere Erkrankungen. Diese Aspekte machen deutlich, dass gerade bei Rückenschmerzen die klassische Trennung von Ursache und Wirkung (Symptome) nicht immer konsequent anzuwenden ist. Rückenschmerzen sind daher immer als ganzheitlicher, alle Lebensbereiche umfassender Beschwerdekomplex zu verstehen.
Der Schmerz
Die häufigste Form der Rückenschmerzen sind die im Lendenwirbelbereich wahrgenommene Schmerzen, oft auch als Kreuzschmerzen bezeichnet.
Die Schmerzen sitzen meist im unteren Teil des Rückens. Sie können bis ins Gesäß, in den hinteren Bereich der Oberschenkel oder die Leistenregion ziehen.
Muskelverspannungen, Myegelosen und Hartspann
Der Schmerz wird oft von Muskelverspannungen verursacht. Ihre verspannten, harten Muskeln „reizen“ dann in der Nähe liegende Nerven. Diese Reizung empfinden Sie als Schmerz. Werden die Nervenfasern eines Nervs „gereizt“, die für weiter entfernte Bereiche verantwortlich sind, können die Schmerzen typischerweise bis in die Beine oder auch in andere Abschnitte Ihres Rückens ausstrahlen.
Um die Schmerzen zu verringern, verspannen sich andere Muskelabschnitte mit dem Ziel, für Entlastung zu sorgen. Die ursprünglich auf Ausgleich bedachten Verspannungen entwickeln sich immer weiter. Sie „schaukeln sich hoch“, bis die Wirbelsäule „schief“ steht. Durch die als Symptom bekannte Schiefstellung werden andere Rückenabschnitte belastet, die Muskeln dieser Abschnitte verspannen sich ebenfalls und der Rücken schmerzt nun auch auf der bisher schmerzfreien Seite. Schließlich können sogar die Hüften wegen eines schiefstehenden Beckens schmerzen.
Angespannte einzelne Muskelbereiche sind manchmal als kleine Knoten in der Muskulatur zu tasten. Ihr Orthopäde spricht dann von Myegelosen (Myogelosen). Größere verspannte Muskelflächen werden Hartspann genannt.
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